Europa-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentierte am 26. Februar 2025 den lang erwarteten EU-Deal für eine saubere Industrie (Clean Industrial Deal). Ziel des Ganzen ist nichts weniger als Europa vor dem Scheitern der Industrien zu bewahren. Zudem sollen die Hoffnungen auf ein klimafreundliches wirtschaftliches Wachstum wiederbelebt werden. Die „leaked“ Versionen des Deals kursierten bereits vor zwei Wochen in Brüssel. Somit gab es genug Zeit für viele Interessenverbände zahlreiche Anmerkungen und Kommentare zu dem Clean Industrial Deal zu veröffentlichen. Dies hat auch die EHPA getan. Hier lesen Sie wie der Clean Industrial Deal für den europäischen Wärmepumpenverband aufgenommen wurde.
Der EU-Clean Industrial Deal
Die Europäische Kommission hat mit dem Clean Industrial Deal eine Strategie vorgestellt, um angeschlagene Industriezweige in Europa zu stärken und gleichzeitig den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu beschleunigen. Schonmal so viel vorweg, die Wärmepumpenindustrie wurde konkret nicht erwähnt. Dazu am Ende mehr.
Das allgemeine Ziel des Plans ist die Rolle Europas bei sauberen Technologien weiter auszubauen, Arbeitsplätze zu sichern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit im Klimaschutz zu gewährleisten. Konkret bedeutet das: Innovationsförderung und klimaneutrale Produktionsverfahren sowie ein rascher Ausbau erneuerbarer Energien.
Senkung der Energiekosten als Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit
Einen zentralen Baustein für den Clean Industrial Deal bildet der Affordable Energy Action Plan, mit dem die Europäische Kommission die Energiepreise für Industrie, Unternehmen und Haushalte senken und gleichzeitig den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft fördern möchte. Laut Plan soll die Einführung sauberer Energie beschleunigt werden und die Elektrifizierung vorangetrieben werden. Darüber hinaus steht die Vollendung des Energiebinnenmarkts mit physischen Verbundnetzen im Fokus, um Europa noch besser zu vernetzen. Gleichzeitig soll Energie effizienter genutzt und die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen verringert werden. Zudem geht es konkret um Pläne, wie man sich auf mögliche zukünftige Energiekrisen vorbereiten sollte.
Der Plan sieht auch vor, Investitionen anzukurbeln, den Zugang zu wichtigen Rohstoffen zu sichern, Europa vor einer Flut von Ultra-Billig-Importen zu schützen und qualifizierte Arbeitsplätze in der Union zu schaffen.
„Es geht um den Zugang zu Rohstoffen, um die Entwicklung von Beziehungen zu [anderen] Ländern …, um sichere Wertschöpfungsketten zu gewährleisten“.
„Aber es geht auch um Handelsbeziehungen und den Spiegeleffekt … wenn wir im Ausland investieren und unsere Märkte für ausländische Investoren öffnen.“Teresa Ribera, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang sowie Kommissarin für Wettbewerb.
Schlüsselmaßnahmen des Clean Industrial Deal
Konkret steht im Clean Industrial Deal das eine Förderung energieintensiver Industriezweige (Stahl, Metalle und Chemieindustrie) bei ihrer Dekarbonisierung und beim Umstieg auf saubere Energie vorgesehen ist. Die Förderung soll bei der Bewältigung hoher Kosten, des unfairen globalen Wettbewerbs und der komplexen Vorschriften helfen.
Aber auch der Aufbau eines starken Sektors für saubere Technologien, um industrielle Transformation und Kreislaufwirtschaft voranzutreiben steht im Fokus. Diese Ziele sollen durch eine finanzielle Unterstützung von einer angestrebten 100-Milliarden-Euro-Dekarbonisierungsbank stammen. Diese Summe könnte laut Hoekstra (EU-Klimakommissar) in den nächsten 10 Jahren erreicht werden. Das Geld soll durch 20 Milliarden Euro aus dem Innovationsfonds, 30 Milliarden Euro an freiwilligen Beiträgen der EU-Mitgliedstaaten, ein Zehntel des Verkaufs von CO2-Zertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems und andere InvestEU-Mittel zusammengeführt werden.
Ein Wichtiger Punkt für die Wärmepumpenindustrie mag die voraussichtliche Senkung der Energiepreise, durch eine Ausweitung erneuerbarer Energien, Reduzierung der Stromnetzentgelte und staatliche Beihilfen sein. Jedoch bleibt trotz dieser ambitionierten Pläne die Frage, wie schnell die Energiepreise tatsächlich sinken können. Fachleute sehen die hohen Gas- und Importkosten in Europa weiterhin als großes Hindernis an und erwarten nachhaltige Effekte erst in den 2030er Jahren. Kurzfristige Optionen wie etwa die Absenkung von Energiesteuern, könnten öffentliche Haushalte belasten und sind daher nicht langfristig tragfähig.
Wann wird es billigere Energie geben?
Conall Heussaff, Forschungsanalyst bei Bruegel, meint das Gas in den kommenden Jahren noch der Preissetzer für die Strompreise sein wird und dies ein strukturelles Problem darstellt. Da Europa noch fast vollständig von Gasimporten abhängig ist, die über die Zeit immer teurer werden, geht Heussaff davon aus das ein integriertes europäisches Netz die Preise letztlich erst in den 2030er Jahren senken wird.
Perspektive des Europäischen Wärmepumpenverbands (EHPA)
Die EHPA begrüßt, dass die Europäische Kommission betont, dass die Dekarbonisierung der Industrie zentral für die europäische Wettbewerbsfähigkeit sind. Auch der Affordable Energy Action Plan verweist auf die Bedeutung einer flexibleren und günstigeren Stromversorgung. Diese Punkte sind laut EHPA entscheidend und tragen einen großen Anteil zur Verbreitung von Wärmepumpen bei.
Allerdings kritisiert die EHPA auch, dass in beiden Plänen der EU kaum direkt auf den Beitrag von Wärmepumpen eingegangen wird. Es wird nur darauf verwiesen, dass die Ausgaben für Importe von fossilen Brennstoffen durch mehr Wärmepumpen um 60 Milliarden Euro gesenkt werden könnten. Wie die Wärmepumpen zur Energiesicherheit, zur Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und zum Weg zum Netto-Nullverbrauch beitragen könnten, wird nicht beschrieben. Darüber hinaus fehlt es laut EHPA an einer klaren Langzeitperspektive, damit Wärmepumpen-Hersteller, Investoren und Verbraucher Planungssicherheit erhalten. Paul Kenny, Generaldirektor der EHPA meint das „der Wärmepumpensektor […] als wichtiger strategischer Industriezweig Europas anerkannt werden muss, damit eine klare politische Richtung vorgegeben wird, die Herstellern, Investoren und Verbrauchern Sicherheit gibt“.
„Die Menschen werden sich keine Wärmepumpe anschaffen, solange fossile Brennstoffe günstiger sind. Die Pläne der EU-Kommission, den Strompreis zu senken, kommen genau zum richtigen Zeitpunkt. Es muss ein wettbewerbsfähiger und flexibler Strompreis geschaffen werden, damit Verbraucher eine Wärmepumpe in Betracht ziehen können. Der Wärmepumpensektor muss eindeutig als strategisch wichtiger Sektor anerkannt werden, um Investitionen zu sichern und Europas Energiesicherheit zu stärken.“
Paul Kenny, Generaldirektor der EHPA
Insgesamt zeigt der Clean Industrial Deal, dass Europas wirtschaftliche Zukunft nicht im Widerspruch zum Klimaschutz stehen muss. Aber angesichts der hohen Energiekosten und des scharfen globalen Wettbewerbs brauchend die europäischen Industrien dringend Unterstützung.
Durch die Förderung von sauberen Technologien soll Europa wieder zum Wachstumsmotor werden. Die EHPA und der BWP sind sich einig das Wärmepumpen hierbei eine Schlüsselrolle spielen könnten. Jedoch braucht es konkrete, langfristige politische Signale und faire Energiepreise.
Auf deutscher Ebene scheint das Thema gerade wenig Priorität zu haben.
Download des Original-Dokuments „Clean Industrial Deal”
Download des Original-Dokuments “Action Plan Affordable Energy”