Obwohl der reguläre Handel mit Zertifikaten erst 2027 startet, werden seit vergangener Woche an der internationalen Börse ICE erstmals Futures auf ETS2-Zertifikate gehandelt. Der Schlusskurs der ersten Futures liegen bei rund 73,57 Euro je Tonne CO₂. Diese erste belastbare Marktzahl jenseits der politisch festgelegten Einführungsmarke von 45 €/t kann als erstes Marktzeichen gesehen werden. Was das bedeutet und wie sich dies auf den Gebäudesektor auswirken könnte, lesen Sie hier im Blog.
Was genau ist der ETS2?
Der ETS2 (Emissions Trading System 2) ergänzt den bestehenden ETS1 (für Industrie & Energie) und erfasst künftig die Emissionen aus dem Gebäudesektor und den Straßenverkehr. Inverkehrbringer von Heizöl, Gas, Benzin oder Diesel müssen ab 2027 (bzw. spätestens 2028, sollten Energiepreise stark steigen) Zertifikate für jede ausgestoßene Tonne CO₂ kaufen. Für Haushalte und Gewerbe bedeutet das, je höher der CO₂-Preis, desto deutlicher verteuern sich fossile Brennstoffe. Mit diesem Mechanismus ist ein verstärkter Anreiz für Wärmepumpen, Gebäudedämmung und auch Elektromobilität gesetzt. Die Wirkungskraft der Bepreisung bleibt abzuwarten. Politisch kann es noch einige Hürden geben, auch wenn es ein zentrales Element der europäischen Klimapolitik im Rahmen des Fit-for-55-Pakets ist und somit ein ökonomisches und ökologisches Muss darstellt.
Der von der Europäischen Union kommunizierte Preisdeckel von 45 €/t CO₂ zum Marktstart, soll den Übergang sozial abfedern und zur Marktstabilität beitragen. Dieser Preis ist zurzeit aber als zu niedrig und daher unwahrscheinlich bewertet, diese Vermutung kristallisierte sich letzte Woche an der ICE-Börse (International Currency Exchange Börse). Der Preis für eine geringe Anzahl sogenannter Futures lag bei 73,57 Euro und damit etwas höher als der anvisierte Preis der EU-Kommission. Im Juli 2025 startet dann der Verkauf an der europäischen EEX-Börse. Der ETS2 dürfte laut ICE etwa 1.400 Gashändler, 7.000 Öl Händler und 3000 Kohlehändler in Europa betreffen.
Das neue System erfasst auch Unternehmen, die derzeit dem nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) unterliegen. Seit dem Start des EU-Emissionshandels vor 20 Jahren sind die betroffenen Emissionen laut Europäischer Kommission um rund 50 % gegenüber dem Stand von 2005 gesunken.
Die bisherigen Versteigerungserlöse im Rahmen des EU-Systems summieren sich auf über 216 Milliarden Euro. Diese Mittel fließen in nationale Förderprogramme sowie in den Innovationsfonds, den Modernisierungsfonds und den Sozialen Klimafonds der EU.
Futures als Frühwarnsystem?
Unter Futures versteht man standardisierte, börsengehandelte Versionen von Forwards zwischen zwei Parteien. Diese Forwards/Vereinbarungen ohne physische Zertifikate (sogenannte Terminkontrakte) legen ein Gut zu einem festen Preis und zu einem zukünftigen Zeitpunkt zum Kauf oder Verkauf fest. Im Zusammenhang mit dem ETS2 wetten Käufer und Verkäufer auf den künftigen Spot‑Preis und gleichen am Fälligkeitstag nur die Differenz aus. Für derzeitige Brennstoffhändler sind Futures ein klassisches Hedging-Instrument (ein Finanzinstrument zur Risikominimierung) gegen Preisschwankungen. Der Leiter für Umweltmärkte bei ICE, George von Waldburg meinte: „Der Verkauf der Futures werde ein wichtiges Preissignal senden.” Gleichzeitig aber mahnen Experten wie Michael Pahle, Leiter der Arbeitsgruppe „Klima und Energiepolitik“ am Potsdam- Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zur Vorsicht. Er betont: „Der Verkauf von Futures schon vor der Auktion von Zertifikaten ist rein spekulativ, es ist nichts weiter als eine Wette auf einen Markt, der noch nicht einmal existiert.“ Solange Handelsvolumen und Liquidität gering sind, könne das vor kurzen kommunizierte 73 Euro‑ ‑Preisniveau also noch steigen oder fallen. Es bleibt unklar, wie sich der doch als sehr volatil betrachtete Markt in der Zukunft entwickelt. Die jetzt gehandelten Futures lassen jedoch auf einen möglichen Markteinstieg schließen. Die derzeitig gehandelten Futures für den ETS2 beziehen sich erstmal nur auf den Dezember 2028, April 2029, April 2030 sowie Dezember 2030.
Bedeutung für den Gebäudesektor
Ein Preis von 73 €/t CO₂ würde laut Carbon Market Watch das Heizöl, Erdgas oder Flüssiggas um etwa 17–18 Cent pro Liter bzw. Kubikmeter verteuern. Das bedeutet für private Hausbesitzer, dass Investitionen in Wärmepumpen oder anderweitiger erneuerbarer Wärme wirtschaftlich attraktiver werden könnten. Gleichzeitig erlangen soziale Ausgleichsmechanismen wie Klimageld oder Förderprogramme einen wichtigeren Stellenwert.
Marktsignal trotz Unsicherheiten
Auch wenn der ETS2-Starttermin noch nicht endgültig feststeht und Preisstabilisierungsmechanismen greifen könnten, zeigen die ersten Future Trade s eindeutig, dass der Markt sich auf höhere CO₂-Kosten als das Einstiegsniveau einstellt.
Peter Reitz, CEO der EEX, sagt dazu: „Mit den EU ETS 2 Futures bieten wir klare Preissignale für Kohlenstoffemissionen, die es den Unternehmen ermöglichen, schrittweise nachhaltigere Verfahren einzuführen.“
Damit sollte spätestens jetzt für Akteure im Wärme- und Mobilitätsmarkt klar sein, dass die CO₂-Bepreisung spürbar wird. Wer früh in Effizienz und Erneuerbare Energien investiert, reduziert Risiken, selbst wenn der reale ETS2-Preis 2027 noch schwanken könnte.
Mehr zum Thema ETS2 und der Perspektive von Michael Pahle finden Sie im Podcast von Fossil Frei: #31 Der EU-Emissionshandel: Le … – fossilfrei – der Energiewendepodcast des DIW Berlin – Apple Podcasts