Spektrum der Wissenschaft – Der Podcast
Wie heizen wir in Zukunft? Durch Kriege und die Klimakrise werden Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit der Wärmeversorgung zunehmend wichtiger. Hoch im Kurs sind dabei Großwärmepumpen, die in Zukunft ganze Stadtviertel mit Fernwärme versorgen könnten. Podcast-Host Mark Zimmer spricht mit Thomas Siebel, Redakteur bei Spektrum der Wissenschaft, über die Einsatzmöglichkeiten von Großwärmepumpen.
Was sind Großwärmepumpen?
Großwärmepumpen funktionieren nach demselben Prinzip wie ihre kleineren „Verwandten“, die inzwischen in vielen Vorgärten von Einfamilienhäusern stehen. Großwärmepumpen sind jedoch, auch optisch, Industrieanlagen mit viel größerer Leistung – ziehen aber ebenfalls Energie aus der Umwelt. Verschiedene Quellen wie Luft, Wasser, Erdreich, Abwasser oder industrielle Abwärme, zum Beispiel aus Rechenzentren oder Produktionsstätten, stehen zur Verfügung. Zudem benötigt die Großwärmepumpe für den Betrieb Strom. An ein Nah- oder Fernwärmenetz angeschlossen können tausende Haushalte mit Wärme versorgt werden.
Welche Wärmequellen sind sinnvoll?
Flusswasser (oder auch Abwasser), Erdwärme und Abwärme sind besonders effiziente Wärmequellen. Aber funktioniert die Nutzung von Flusswasser auch im Winter? Die kurze Antwort: Ja! Das Kühlmittel in der Großwärmepumpe hat einen sehr niedrigen Siedepunkt. Auch bei kalten Wassertemperaturen wird Kältemittel durch den Temperaturunterschied schnell gasförmig.
Großwärmepumpen arbeiten jedoch eher nicht mit Luft, betont Siebel: Zum einen wären die Kompressoren und Ventilatoren in der Größenklasse viel zu laut. Außerdem könnten die Anlagen im Außenbereich im Winter vereisen. Die Nutzung von Geothermie und Flusswasser sei daher deutlich interessanter. Während Wärmepumpen für Einfamilienhäuser „am Fließband“ produziert würden, seien Großwärmepumpen Sonderanfertigungen. Dabei sei entscheidend, welche Wärmequelle genutzt werde, welche Temperaturen diese im Jahresverlauf liefere und welches Kältemittel für die Anwendung geeignet sei, so Siebel.
Welche Projekte gibt es bereits in Deutschland?
In Deutschland spielen Großwärmepumpen bisher noch keine große Rolle. Das bekannteste Projekt befindet sich in Mannheim: Hier läuft eine Großwärmepumpe mit Rheinwasser als Wärmequelle, die Wärme in das Mannheimer Fernwärmenetz einspeist und damit 3.500 Haushalte versorgt. Die Anlage hat eine Leistung von zwanzig Megawatt und ist derzeit europaweit die größte Flusswärmepumpe. In Köln ist jedoch bereits ein weitaus größeres Projekt geplant, das künftig 50.000 Haushalte mit Wärme versorgen soll. Drei Flusswärmepumpen mit 150 Megawatt Leistung werden dafür erreichtet. Es gibt noch weitere Projekte: In Stuttgart wird ein Müllheizkraftwerk als Wärmequelle für eine Großwärmepumpe genutzt; in Hamburg das Abwasser aus einem Klärwerk. Vorreiter seien jedoch nach wie vor Skandinavische Länder, wie zum Beispiel Esbjerg in Dänemark, wo die weltweit größte Meerwasser-Wärmepumpe betrieben wird.
Wie groß ist das Potenzial der Technologie?
Deutschland könne sich klimaneutral mit Wärme versorgen, so Siebel. Die Großwärmepumpe spiele dabei eine Schlüsselrolle. Potenzial bestehe aber hauptsächlich in urbanen Regionen, wo es sinnvoll sei, Nah- und Fernwärmenetze zu betreiben. 70 Prozent der Fernwärme stammen aktuell noch aus fossilen Quellen, vor allem aus Gas. Das Fraunhofer IEG habe jedoch berechnet, dass Großwärmepumpen 70 Prozent der Fernwärme liefern könnten – und fossile Energieträger in der Fernwärmeversorgung damit perspektivisch ersetzen könnten.
Das Institut für Energie und Umweltforschung in Heidelberg hat zudem Wärmepläne von Kommunen analysiert, um das Potenzial von Großwärmepumpen auszuwerten. Zu welchem Ergebnis sie kommen und welche Herausforderungen es beim Einsatz von Großwärmepumpen gibt, erfahrt ihr hier im Podcast!