Tim Gottschalk, Sohn des Firmengründers der gleichnamigen Jens Gottschalk GmbH, hat ein duales BWL-Studium und parallel dazu eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker absolviert. Inzwischen hat er einen Meistertitel als Installateur und Heizungsbauer. Im Familienunternehmen verantwortet er hauptsächlich den kaufmännischen Bereich. Sein Bruder wird künftig den technischen Bereich leiten. Die Übergabe an die zweite Generation ist somit in vollem Gange. Im Interview verrät er uns, welche Herausforderungen den Betrieb aktuell beschäftigen und warum er trotzdem optimistisch in die Zukunft blickt.
Ihr Familienunternehmen bietet ein breites Portfolio an. Sie arbeiten im SHK-Bereich und führen auch Dacherneuerungen im Zuge von energetischen Sanierungen durch. Welchen Vorteil sehen Sie darin, verschiedene Gewerke miteinander zu verbinden, auch in Bezug auf die Installation von Wärmepumpen?
In der Sanierung geht die Gebäudehülle und die Gebäudetechnik Hand in Hand. Hier muss beim Kunden individuell geprüft werden, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt sinnvoll sind. Wenn zum Beispiel das Dach bereits in die Jahre gekommen ist und eine PV-Anlage installiert werden soll, macht es Sinn, das Dach zuerst sanieren zu lassen und im Anschluss eine PV-Anlage auf das Dach zu bringen, um für die nächsten 15-20 Jahre Ruhe zu haben. Genauso verhält es sich auch, wenn man das Thema Wärmepumpen angeht. Da muss man den Kunden individuell beraten und fragen, was geplant ist. Ein individueller Sanierungsfahrplan ist vor allem bei älteren Immobilien sinnvoll, um die zeitliche Abfolge von geplanten Sanierungsmaßnahmen aufeinander abzustimmen. Daran sollte man auch festhalten, wenn eine Wärmepumpe installiert wird.
Eine Wärmepumpe in einem unsanierten Haus zu installieren ist machbar. Aber wenn in den nächsten Jahren kurzfristig oder mittelfristig noch weitere Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle, wie Fenster, Türen, Fassade oder auch eben das Dach durchgeführt werden sollen, kann es dazu führen, dass die damals genau ausgelegte Wärmepumpe zu groß dimensioniert ist. Das ist gerade im Fall der Wärmepumpen ein kritischer Punkt, denn eine Wärmepumpe ist sowohl zu groß dimensioniert als auch zu klein dimensioniert möglicherweise nicht wirtschaftlich. Da ist es eben sinnvoll genau auf die Wünsche des Kunden einzugehen und ihn da abzuholen, wo er steht. Durch unser großes Leistungsspektrum können wir eben passgenaue Lösungen für unsere Kunden entwickeln.
Trotz der umfassenden staatlichen Förderung von bis zu 70 Prozent für die Umrüstung auf die Wärmepumpe war die Nachfrage im ersten Halbjahr bei vielen Heizungsbauern nicht so stark wie erhofft. Welche Hemmschwellen bestehen ihrer Ansicht nach derzeit beim Heizungstausch?
Also zunächst einmal immer noch die starke Verunsicherung bei den Endverbrauchern, was sowohl die Regularien als auch die Förderbedingungen angeht. Da herrscht auf Kundenseite noch viel Unklarheit und man hat einen enormen Beratungsaufwand. Man muss auch dazu sagen, dass in den Jahren 2022 und 2023 oft Aufträge vorgezogen wurden. Die Industrie und die Politik haben den Markt extrem gepusht und das hat dann zu einem Kollaps geführt, sowohl auf der Industrieseite als auch auf der Handwerksseite. Dann diese Hängepartie im letzten Jahr, was das GEG angeht, und auch die Förderbedingungen für dieses Jahr. Das hat dazu geführt, dass dieser absolute Run auf den Heizungstausch, der in der Pandemie entstanden ist und auch danach durch den Angriffskrieg in der Ukraine und die steigenden Energiepreise weiterging, komplett eingebrochen ist. Zurückhaltung, weil sich die Angst vor extremen Preissteigerungen und einer Mangellage im Gasmarkt beruhigt hat. Dann dieses Hin und Her mit dem Haushalt, dass Fördertöpfe kurzfristig geschlossen oder stark eingekürzt werden.
All das führt dazu, dass beim Kunden das Vertrauen in die Förderung schwindet, auch wenn das Verfahren durch die KfW angepasst wurde, werden wir immer wieder mit Kundenfragen, wie „ab September werden die Förderanträge weiterbearbeitet. Wann kann ich mit einer Auszahlung rechnen? Und kann es eventuell passieren, trotz Ihrer Zusage, dass ich am Ende keinen Anspruch auf die Förderung habe, weil die Töpfe leer sind?“ konfrontiert. Da kann man den Kunden noch so gut beraten. Wir hängen da auch in der Schwebe, weil wir selbst noch nicht miterlebt haben, dass die Förderung, die seit diesem Jahr in Kraft getreten ist, schon ausgeschüttet wurde. Sprich da können wir den Kunden keinen Richtwert geben, wie lange das dauert. Die Investitionen sind für viele nicht mal eben so gemacht. Da bleibt das Thema der Zwischenfinanzierung. Ich lasse mir die Wärmepumpe einbauen und zahle den vollen Betrag dafür. Wann kann ich denn mit der Ausschüttung der Förderung rechnen? Und wenn ich die finanziellen Mittel nicht verfügbar habe, wie lange muss ich zwischenfinanzieren? Das sind Fragen, die können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Aus den genannten Gründen ist die Zurückhaltung der Kunden groß.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Kürzung des Fördersatzes für Energieberatungen auf die Nachfrage nach Wärmepumpen auswirken?
Auch wenn es nicht direkt die Heizungsförderung betrifft, glaube ich, dass durch die Kürzung dieses Fördersatzes noch mehr Unsicherheit geschürt wird und sich dies auf die Investitionsbereitschaft der Kunden im Wärmepumpenmarkt auswirken wird. Das spielt uns nicht gerade in die Karten. Ich glaube generell wird sich der Heizungsmarkt wieder dahingehend entwickeln, dass die Kunden ihre Heizung erneuern, wenn der Betrieb der alten Anlage unwirtschaftlich wird.
Welche Herausforderungen und Chancen beschäftigen Ihren Betrieb aktuell?
Die größte Herausforderung, die wir in den letzten Jahren gespürt haben, ist der enorme bürokratische Aufwand, den wir betreiben müssen. Das fängt bei den gesamten gesetzlichen Regularien und Nachweispflichten an und geht mit den Förderbedingungen weiter. Die gesamte Bürokratie führt dazu, dass man mehr Sachbearbeiter für einen Auftrag einstellen muss und man deshalb entweder die Preise anziehen muss, was zum jetzigen Zeitpunkt eher schwierig ist, oder die Margen senken muss. Das ist mit eine der größten Herausforderungen. Dann die ständigen Änderungen in der Förderlandschaft. Auch da besteht hohes Weiterbildungspotential. Ich musste mich kurz vor dem Interview auch nochmal in die gesamte Thematik einlesen, weil sich das einfach so regelmäßig ändert. Da kann ich die Unsicherheit der Kunden verstehen, aber auch die Unsicherheit unserer Mitarbeiter. Man merkt den Stress, den unsere Mitarbeiter haben, weil sich Kunden auch häufig vor einem Termin für die neue Heizung vorbereiten. Da müssen unsere Mitarbeiter extrem sattelfest sein, was einen hohen Weiterbildungsaufwand für uns bedeutet. Dann das Thema Fachkräftemangel. Wir bilden sehr stark aus. Wir haben zurzeit 28 Auszubildende in allen Bereichen. Der größte Teil davon sind Anlagenmechaniker und Dachdecker. Das ist eine große Herausforderung, mit dem Fachkräftemangel und dem vorherrschenden demografischen Wandel umzugehen. Das wird uns auch die nächsten Jahre begleiten.
Zu den Chancen: Generell haben wir einen Sanierungsstau und da muss in den nächsten Jahren, ob kurz-, mittel- oder langfristig was passieren. Auch die Regularien gehen aus meiner Sicht in die richtige Richtung. Denn der Klimawandel ist da und wir haben ein Riesenpotenzial im Gebäudebestand CO₂ einzusparen. Daher sehe ich die energetische Sanierung als große Chance, auch zukünftig am Markt zu bestehen. Auch das Thema Digitalisierung der Geschäftsprozesse, Digitalisierung der Produkte. All das führt dazu, dass man in gewisser Weise den Fachkräftemangel ausgleichen kann, indem man schlanke Prozesse hat, indem man Informationen überall verfügbar hat, indem man intelligente Geräte hat, die sich zum einen von uns als Fachhandwerker monitoren lassen, was das Thema Fernwartung, Energieeffizienz und so weiter angeht. Zum anderen hat das Monitoring auch Vorteile für die Kunden, indem wir verschiedene Geräte verbinden, die Wärmepumpe mit der Photovoltaikanlage oder sogar alle elektrischen Geräte bis hin zum Elektroauto miteinander kommunizieren und so die Energie bedarfsgerecht verteilt wird.
Von welchen lokalen Besonderheiten wird Ihr Betrieb in Norderstedt im Zuge der Wärmewende herausgefordert? Und welche Entwicklungen könnten sich positiv auswirken?
Also zunächst einmal haben wir in Hamburg und Schleswig-Holstein die Situation, dass die beiden Länder eigene Klimaschutzgesetze herausgebracht haben. Sprich wir haben uns hier im Hamburger Umland schon früher mit der Thematik beschäftigen müssen, erneuerbare Energien in den Wärmebedarf mit einzubringen. Das ist für uns jetzt von Vorteil, weil wir mit eher abgeschwächten Regularien unsere Prozesse anpassen und auch lernen konnten. Dadurch sind wir gut aufgestellt, sodass wir die Kunden in allen Lagen sehr gut beraten können. Hamburg ist eine Großstadt. Da steckt viel Potenzial in der Sanierung von Wohngebäuden und auch von Nicht-Wohngebäuden. Norderstedt liegt im Speckmantel. Auch da sind viele kaufkräftige Kunden. Daher sehen wir unseren Standort hier als sehr positiv an.
Sie haben das Thema Fachkräftemangel bereits angesprochen. Was wünschen Sie sich von der Politik, um dem entgegenzuwirken?
In Schleswig-Holstein gibt es Förderpakete, die uns Betriebe unterstützen, um unsere Mitarbeiter und auch Auszubildende weiterzubilden. Zum anderen wünschen wir uns natürlich, dass das Handwerk wieder mehr in den Fokus gerückt wird. Ich finde in den letzten Jahren ist sehr viel passiert. Vonseiten der Kammern und auch vonseiten der Politik wird dem Handwerk generell wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Aber das kann aus meiner Sicht noch mehr werden. Denn so wie der Standort Deutschland aufgebaut ist, mit der dualen Berufsausbildung, sprich Kombination aus Berufsschule, überbetrieblicher Ausbildung und Praxis im Betrieb, ist einzigartig. Ich finde, daran sollte man festhalten. Man sollte diese Qualifizierung auch weiter positiv kommunizieren und Weiterbildung mehr mit akademischen Weiterbildungen vergleichbar machen, auch im internationalen Vergleich. Die duale Ausbildung und auch die Meisterausbildung sollte weiterhin gefördert werden.
Was begeistert Sie an Ihrem Handwerk und welche Projekte machen Ihnen besonders Freude?
Das tolle am Handwerk ist, dass man am Ende des Tages sieht, was man gemacht hat. Da ist es völlig egal, ob es ein neues Bad, ein neues Heizsystem oder ein neues Dach ist. Der Kunde kann es anfassen, erkennen und spüren. Wenn der Kunde dann mittelfristig merkt, dass diese Maßnahmen, die wir umgesetzt haben, sich auch spürbar im Portemonnaie auswirken, dann freut uns das natürlich. Generell die Arbeit mit Endkunden, die Arbeit mit Menschen: Das ist das, was das Handwerk ausmacht. Das Handwerk ist ehrbar und kann auch stolz auf die lange Tradition sein. Generell schlägt mein Herz für alle Bereiche, die wir hier machen. Die energetische Sanierung liegt uns aber besonders am Herzen. Da spielt das Thema Dach mit rein. Da spielt das Thema Heizung mit rein. Da spielt das Thema Trinkwasser-Hygiene auch mit rein. Also die gesamte Vernetzung aller Gewerke. Und am Ende zu sehen, dass der Kunde einen langfristigen Vorteil und auch eine Wertsteigerung seiner Immobilie erhält.
Wie heizen Sie zuhause?
Aktuell wohne ich noch in einer Wohnung in Barmbek und da wird mit Fernwärme geheizt. Sprich da habe ich keinen direkten Einfluss darauf, was beim Erzeuger drin ist. Ich plane aber einen Neubau für mich und meine Freundin. Da wird ganz klar eine Wärmepumpe das Mittel der Wahl sein.
Vielen Dank für das Interview, Herr Gottschalk!
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